Weshalb ist sich der Weltklimarat im 5. Sachstandsbericht so viel sicherer, dass der Mensch die Erderwärmung verursacht?
Der 5. Bericht des Weltklimarats (IPCC) erklärt mit einer Sicherheit von 95%, dass der Mensch die Hauptursache der derzeitigen Erderwärmung ist. Viele Medien stellen dabei den Gewissheitszuwachs gegenüber dem 4. Weltklimabericht heraus, der noch von einer 90-prozentigen Sicherheit ausging. Tatsächlich ist die Veränderung des Gewissheitsgrades aber noch signifikanter: Liest man den Bericht genau, sagt der Weltklimarat: der Mensch ist höchstwahrscheinlich für die gesamte Erderwärmung der letzten 60 Jahre verantwortlich.
Finde die Unterschiede
Hier ist zunächst die relevante Aussage des 4. Weltklimaberichts aus dem Jahr 2007:
"Der Großteil des beobachteten Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur seit der Mitte des 20 Jahrhunderts wird sehr wahrscheinlich [90 Prozent Sicherheit] durch den beobachteten Anstieg der anthropogenen Treibhausgaskonzentration verursacht."
Und hier die Stelle im 5. Weltklimabericht:
"Es ist sehr wahrscheinlich [95 Prozent Sicherheit], dass der menschliche Einfluss auf das Klima mehr als die Hälfte des beobachteten Anstiegs in der mittleren globalen Oberflächentemperatur zwischen 1951 und 2010 verursacht hat
Sind die Unterschiede klar geworden? Die Aussage aus dem IPCC-Bericht von 2007 legte den Focus auf die menschlichen Treibhausgasemissionen, während sich die Aussagen von 2013 auf alle menschlichen Einflüsse auf das Klima beziehen. Das beinhaltet auch die kühlende Wirkung der menschlichen Aerosol-Emissionen (Luftschadstoffe, die das Sonnenlicht streuen und so abschwächen).
Die Abkühlung durch die vom Menschen emittierten Aerosole tilgt ungefähr ein Drittel der durch die anthropogenen Treibhausgasemissionen verursachten Erwärmung. Der neue Weltklimabericht sagt, dass - selbst wenn man den Abkühlungseffekt der Aerosole berücksichtigt - der Mensch die Hauptursache der Globalen Erwärmung in den letzten 60 Jahren ist.
Die Treibhausgase verursachen die gegenwärtige Erderwärmung, nicht die Natur
Der Weltklimarat geht in seiner Analyse der Ursachen noch weiter.
Was verursacht die Globale Erwärmung? Die menschlichen Treibhausgasemissionen.
"Die sicherste (beste) Einschätzung des vom Menschen verursachten Beitrags zur Erwärmung ist vergleichbar mit der beobachteten Erwärmung über diesen Zeitraum ... Die seit 1951 beobachtete Erwärmung kann dabei natürlichen und anthropogenen Antrieben zugeschrieben werden. Ihr Beitrag ist jetzt auch quantifizierbar. Zwischen 1951-2010 verursachten die Treibhausgase wahrscheinlich eine mittlere globale Erwärmung der Erdoberfläche von 0,5°C bis 1,3°C; der Beitrag weiterer vom Menschen verursachter Strahlungsantriebe - die Kühlungseffekte der Aerosole inbegriffen - beläuft sich wahrscheinlich auf -0,6°C bis 0,1°C."
Was ist sicher kein Grund für die Globale Erwärmung? Externe natürliche Faktoren wie die Sonnenaktivität und interne natürliche Faktoren wie die Ozeanzyklen.
"Der Beitrag natürlicher Antriebe liegt wahrscheinlich im Bereich von -0,1°C und 0,1°C, jener der internen Schwankungen wahrscheinlich zwischen -0,1°C und 0,1°C."
Im Lauf der letzten 60 Jahre haben wir eine Erwärmung der mittleren globalen Oberflächentemperatur von rund 0,6°C beobachtet. Der Weltklimarat geht davon aus, dass die Treibhausgasemissionen dazu höchstwahrscheinlich rund 0,9°C beigetragen haben. Diesen Beitrag verringert die von den anthropogenen Aerosolen verursachte Abkühlung (wahrscheinlich -0,3 °C) teilweise wieder. Externe natürlich Faktoren hatten während dieses Zeitraums keinen nennenswerten Einfluss auf die globalen Temperaturen. Die Aktivität der Sonne bspw. ist - langfristig betrachtet - seit 1950 unverändert.
Was nun die interne Variabilität des Klimasystems betrifft, mitteln sich kurzfristige Schwankungen über lange Zeiträume heraus. Die warmen und kalten Ozeanzyklen heben sich bspw. auf, weshalb die interne Variabilität auf lange Sicht keine Auswirkung auf die globale Durchschnittstemperatur hat.
Fügt man die einzelnen Aussagen [des 5. Weltklimaberichts] wieder zusammen, heißt das: der Weltklimarat ist sich zu 95% sicher, dass der Mensch in den letzten 60 Jahren den Großteil der beobachteten globalen Erwärmung der Erdoberfläche verursacht hat. Als "beste Einschätzung" gilt dabei: der Mensch ist für 100 Prozent der Globalen Erwärmung verantwortlich.
Der Weltklimarat fasst die wissenschaftliche Literatur zusammen
Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung. Er erarbeitet vielmehr einen zusammenfassenden Bericht, dessen Aussagen genau den Stand der Klimawissenschaft widerspiegeln.Vergangenes Jahr haben beispielsweise die Klimawissenschaftler Tom Wigley und Ben Santer eine Studie veröffentlicht, die zu dem Schluss kommt: menschliche Einflüsse sind für 50 bis 150% der beobachteten Erwärmung zwischen 1950 und 2005 verantwortlich.
Wie der Weltklimarat befanden sie, dass der Mensch wenigstens die Hälfte der beobachteten Erwärmung seit 1950 verursacht hat; höchstwahrscheinlich aber die gesamte. Es ist sogar möglich, dass wir für mehr Erwärmung verantwortlich sind, als beobachtet wurde. Natürliche Faktoren könnten nämlich einen kühlenden Einfluss gehabt haben. Die Ergebnisse von Wigley und Santer stehen übrigens in Einklang mit der gesamten wissenschaftlichen Literatur zu den Ursachen der Globalen Erwärmung.
Die "Fingerabdrücke" des Klimawandels stimmen ebenfalls mit dem überein, was wir als Ergebnis der vom Menschen verursachten Globalen Erwärmung erwarten würden, bspw. etwa die Veränderungen in der Atmosphäre. Das fand eine weitere Studie von Ben Santer kürzlich heraus.
Was ist mit den Neinsagern?
Einige Neinsager wie Judith Curry vom Georgia Tech bestreiten die Gewissheit des Weltklimarates in dieser Frage, etwa jüngst in einem Interview mit dem zuverlässig unzuverlässigen David Rose.
Curry ist zwar Klimawissenschaftlerin, sie forscht allerdings nicht über die Ursachen der Globalen Erwärmung. Zudem ist sie bekannt dafür, Unsicherheiten in der Klimawissenschaft zu übertreiben. Ihre Kommentare jedenfalls widersprechen der wissenschaftlichen Literatur auf diesem Gebiet. Einfach gesagt: sie spricht über Probleme außerhalb ihres Fachgebiets, so als würde ein Fußspezialist einem Herzchirurgen Ratschläge für eine Operation am offenen Herzen erteilen.
Der 97-Prozent-Konsens basiert auf Beweisen
Unter Klimaexperten und in der wissenschaftlichen Literatur besteht ein 97-Prozent-Konsens darüber, dass der Mensch die Erderwärmung verursacht. Die wissenschaftliche Beweislage hierfür ist überwältigend.
Viele Kommentatoren haben aber angemerkt, dass ein Konsens der Experten für sich noch kein wissenschaftlicher Beweis für den Menschen als Verursacher der Globalen Erwärmung ist. Das stimmt zwar: der Expertenkonsens aber beruht auf der wissenschaftlichen Beweislage. Und die Tatsache, dass 97 Prozent der Klimaexperten in dieser Frage übereinstimmen, unterstreicht wie robust die Beweislage in Bezug auf die anthropogene Globale Erwärmung ist. Und ebendiese Robustheit erlaubt dem Weltklimarat auch die Feststellung, dass mit einer Gewissheit von 95% der Mensch der Hauptgrund für die derzeitige Erderwärmung ist.
Translation by noa. View original English version.